Gülle, ob vom Schweine- oder Rindermäster oder von der NaWaRo-Anlage vor Kartoffeln – geht das?

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30. November 2021

In unserer aktuellen Situation bezüglich Düngerbezug vor allem von Stickstoffdünger für den Anbau 2022 und den explodierten Preisen kommen immer wieder Anfragen bei uns rein, ob nicht die Ausbringung von Gülle eine Alternative im Kartoffelanbau darstellt. Viele Landwirte haben hier ein Problem, bzw. scheuen sich davor, da Gülle nicht ganz so leicht zu steuern ist als Mineraldünger. Dies könnte natürlich ein Problem werden, gerade im Kartoffelanbau. Zudem stellt sich die Frage ob ein befahren der Fläche mit solch schweren Fässern vorm Kartoffel pflanzen nicht zu große Strukturschäden hinterlässt. Was bei vielen noch in den Köpfen steckt ist die moralische Thematik, zuerst „Gülle“ dann in diesen Boden die Pflanzkartoffel stecken? (Thema Geruch etc.) Fachlich ist dies kein Thema dem wir uns widmen müssten. Sicher ist es für den Humusaufbau sogar förderlich mit organischem Dünger zu arbeiten. Wichtig ist, dass man die Ausbringung stark an die Bodenbeschaffenheit anpassen muss. Schwere Güllefässer, auch wenn noch so große Reifen drauf sind und wenn mit Reifendruckregelanalgen gearbeitet wird können Bodenverdichtungen produzieren. Hier bitte vor dem Ausbringen im Frühjahr unbedingt einen Spaten in die Hand nehmen und den Boden auch mal in den unteren Bodenschichten anschauen. Ein oberflächig abgetrockneter Boden kann unten drin noch sehr nass sein. Am besten wäre es natürlich, wenn die Gülle verschlaucht würde. Da aber in vielen Regionen hier die Technik eher nicht zur Verfügung steht, bitte auf den Zeitpunkt der Ausbringung achten und wenn möglich eher zu kleineren Fässern greifen als auf das ganz große Tridem-Fass.

Bitte wenn möglich lasst euch auch im Vorfeld eine Nährstoffanalyse der Gülle geben um bewerten zu können was wirklich an NPK drin ist. Grob kann man sagen, dass z.B. bei NaWaRo-Gülle oder Substrat ca. 4-6 kg N je m³ drin sind. Beispiel: Aktuell liegt uns das Angebot von einem Gärsubstrat aus einer NaWaRo-Anlage vor. Nährstoffgehalt je t: 5,9 kg N, 1,55 kg P und 6,23 kg K

Das heißt bei einer Ausbringmenge von 10 m³ je ha: 59 kg N, 15,5 kg P und 62,3 kg K.

Ähnlich verhält es sich mit flüssiger Gülle.

Mit welchen Maßnahmen können wir positiv darauf Einflussnehmen, dass die Nährstoffe auch für die Kartoffeln gut zur Verfügung gestellt werden?

Zum einen sollte überlegt werden, ob man nicht EMs vor dem Pflanzen ausbringt. Zum Beispiel das Produkt BB-Boden von Multikraft. Effektive Mikroorganismen unterstützen die Zersetzung von organischem Material und helfen auch damit keine Rhizoctonia solani gefördert wird. Das Produkt kann mit der Feldspritze vor dem Pflanzen gesprüht werden oder im Legeschacht mit angebeizt werden. Zum anderen würden wir auf solchen Beständen in jedem Fall anraten, mit Huminsäuren zu arbeiten um die Nährstoffe im Boden zu mobilisieren. Dies sollte in zwei bis drei gaben passieren und der Aufwand beträgt 4 l je ha bei dem Produkt Bagira von Intrachem Bio. Eine weitere Maßnahme ist die Ausbringung von Schwefellinsen nach dem Pflanzen der Kartoffeln. So wird immer wieder Schwefel freigesetzt der die Aufnahme von Stickstoff aus dem Boden fördert. Aufwand ist abhängig von der Grunddüngung im Gesamtkonzept. Es sollten aber schon 25 kg je ha zusätzlich gebracht werden. Vor- oder nach dem Pflanzen der Kartoffeln, um eine kontinuierliche Schwefelversorgung zu gewährleisten.

 

Vorschlag der Maßnahmen zusammengefasst konkret für den Praktiker, um Gülle als organischen Dünger im Frühjahr zur Kartoffel zu bringen:

Boden prüfen, am besten mit dem Spaten prüfen ob der Boden tragfähig ist. Bodenverdichtungen sind so gut wie möglich zu Vermeiden. Kleinere Fässer zur Ausbringung wählen. Gülle verschlauchen wäre Ideal -- > Problem, wer hat die Technik dazu vor Ort. Gülle nach dem Ausbringen gleich einarbeiten. Fahrspuren zweimal durchfahren um den Boden zu lockern. Wenn möglich, eine Woche warten bis zur Auspflanzung der Kartoffeln.

Mit der Güllemenge je Hektar nicht übertreiben! 10-16 m³ je Hektar als Vorschlag!

Nährstoffanalyse von der Gülle sollte vorliegen um den Düngewert bewerten zu können.

Die Zertifizierungen QS-GAP, GQB etc. lassen die Ausbringung von Rindergülle, Schweinegülle, Gülle aus NaWaRo-Biogasanalgen zu. Bitte keinen Kompost oder Gülle von Nicht-NaWaRo-Anlagen ausbringen. Dies führt zum Verlust der Zertifikate.

Die Ausbringung von gepressten Gärsubstrat ginge natürlich auch! Hier wäre vielleicht sogar der eine oder andere „alte kleine Miststreuer“ noch vorhanden der in Relation kein Gewicht hat.

Effektive Mikroorganismen in die Gülle geben und aufmischen. 1 l BB Boden je m³ Gülle je ha. Kosten liegen bei ca. 1,50 Euro je Liter BB-Boden. Alternativ können EM-Produkte auch beim Pflanzen mitangebeizt werden!

Huminsäure spritzen, entweder das Produkt Bagira von Intrachem Bio: 1 l bei der Herbizidmaßnahme, 2 l bei der ersten Fungizidspritzung und 1 l bei der zweiten Fungizidmaßnahme damit die Nährstoffe mobilisiert werden aus dem Boden. (Huminsäure deckt den Tisch!) Alternative Idee: 25 l LiqHumus in die Gülle geben vor der Ausbringung sofern dies dazu dosiert werden kann! Wäre auch super da die Huminsäure direkt mit den Nährstoffen in den Boden kommt.

Fahrspuren sollten möglichst zweimal durchgefahren werden bei der Bodenbearbeitung! Zur Einarbeitung der Gülle bitte Federzinkengrubber oder Saatbeetkombinationen verwenden. Im Frühjahr hat ein Flügelschar am Feld nichts verloren! Thema Struktur des Bodens!

Abstand der Ausbringung zum Kartoffelpflanzen sollten 5 - 10 Tag sein!

25 kg Schwefellinsen auf die Dämme ausbringen. Schwefel fördert die Stickstoffaufnahme! Schwefellinsen von Intrachem Bio oder Omnicult als Vorschlag

Stickstoff in der Gülle stabilisieren mit Nitrifikationshemmer wie Piadin oder N-Lock, Aufwand Piadin 4-7 l je ha. Kosten für 1 Liter Piadin ca. 3 Euro (Stand 2021). Aufwand N-Lock 2,5 l je ha. Bitte die Herstellerangaben beachten.

Agrosolution NovaVerm Multi würde auch sehr gut helfen um die Nährstoffe in der organischen Substanz bereitzustellen, Aufwand liegt bei 10 l je ha und Kosten je l bei rund 11- 12 Euro. NovaVerm Multi stellt hier eine zusätzliche Alternative dar, wenn z.B. mit EMs nicht gearbeitet wird. Ausbringung von Bakteriensporen, die sich erst nach der Einarbeitung im Boden aktivieren, Wurzelbildung der Kulturpflanzen werden verstärkt und die Nährstoffaufnahme verbessert.

Dies sind einige Vorschläge, um zum einen die Möglichkeit einer organischen Düngung im Kartoffelanbau zu verbessern und um die damit ausgebrachten Nährstoffe auch optimal zur Verfügung zu stellen.

 

Beitrag erstellt von Johannes Seemeier