Unkrautbekämpfung in Kartoffeln 2025

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14. April 2025

Dieses Jahr steht den Kartoffelerzeugern das letzte Mal die seit Jahren bekannte Mittel- und Wirkstoffpalette inklusive des Wirkstoffes Metribuzin zur Verfügung. Der Wirkstoff Metribuzin wurde als Herbizid vor allem bei Kartoffeln, Soja und in vielen verschiedenen Gemüsekulturen eingesetzt. Bei der Neubewertung des Wirkstoffes auf EU-Ebene wurde Metribuzin als endokrinschädlich und bienengefährlich eingestuft. Dies führte letztendlich zum endgültigen Verlust der Wirkstoffzulassung. Die Mitgliedstaaten waren in der Pflicht, die Zulassungen für Pflanzenschutzmittel mit diesem Wirkstoff bis spätestens 24.5.2025 zu widerrufen. Restbestände metribuzinhaltiger Pflanzenschutzmittel müssen bis spätestens 24.11.2025 aufgebraucht werden. Dies betrifft z.B. die gängigen Soloprodukte wie Mistral, Sencor liquid und Citation, aber auch Fertigformulierungen aus Metribuzin und anderen Wirkstoffen wie z.B. Arcade (Metribuzin + Prosulfocarb), Artist (Metribuzin + Flufenacet) und Metric (Metribuzin + Clomazone).

 

Auch der herbizide Wirkstoff Flufenacet steht auf der Prüfliste der Zulassungsbehörden und könnte vorzeitig aus den Regalen verschwinden. Dieser ist enthalten im Produkt Artist, welches aufgrund der Kombination aus Flufenacet und Metribuzin, aufgrund beider Wirkstoffe so oder so wegfallen wird. Die Diskussion um den Wirkstoff ist nicht neu, schon seit Jahren steht das Abbauprodukt Trifluoressigsäure (TFA) in der Kritik. Im Dezember 2024 hatte die EU-Kommission einen Entwurf für eine Verordnung vorgelegt, nach dem die Genehmigung von Flufenacet nicht erneuert werden soll. Laut BVL steht die gemeinsame Entscheidung der EU-Kommission und der EU-Mitgliedstaaten, die Genehmigung von Flufenacet zu beenden, unmittelbar bevor. Mit der Verabschiedung der EU-Durchführungsverordnung sei im März 2025 zu rechnen.

Vor allem aber der Wegfall von Metribuzin wird eine große Lücke im Unkrautmanagement von Kartoffeln hinterlassen. Besonders im Nachauflauf der Kartoffeln war der Wirkstoff Metribuzin ein wesentlicher Baustein. Nachauflaufbehandlungen erfolgen meist auf humosen, sorptionskräftigen Standorten, auf denen keine Vorauflauf-Behandlung möglich ist bzw. nur als Not-/ Korrekturlösung, wenn im Vorauflauf etwas schiefgelaufen ist. Die Wirkstoffpalette im Nachauflauf ist mit nur drei Wirkstoffen sehr übersichtlich: Rimsulfuron (Cato), Metribuzin (z.B. Sencor liquid etc.) und Prosulfocarb (Arcade). Im nächsten Jahr steht den Kartoffelanbauern nur noch Rimsulfuron zur Verfügung, da Prosulfocarb derzeit nur in Verbindung mit Metribuzin – welches wegfällt – eine Zulassung im Nachauflauf besitzt (Arcade). Die bisher im Nachauflauf einsetzbaren 3 Wirkstoffe ermöglichten meist keine vollkommene und nachhaltige Unkrautbekämpfung. Bewährt hat sich aber die Kombination aus Rimsulfuron + FHS + Metribuzin, welche im Jahr 2026 nicht mehr möglich ist. Solange keine neuen Wirkstoffe im Nachauflauf zur Verfügung stehen, wird es eine große Herausforderung eine effektive Unkrautunterdrückung allein mit Rimsulfuron zu erzielen. Bei Rimsulfuron gilt zu beachten: es dürfen keine ausgeprägten Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht bestehen. Nach Kälteperioden (unter 10 °C) und auch nachhaltigen Niederschlägen sollte Cato erst dann wieder eingesetzt werden, wenn sich die Kartoffelpflanze erholt und bestenfalls eine Wachsschicht gebildet hat.

In diesem Jahr stehen den Kartoffelerzeugern 2 neue Produkte zur Verfügung. Die Firma Plantan bietet im Jahr 2025 zwei verschiedene Fertigformulierungen mit dem Wirkstoff Diflufenican an. Bokator ist eine Kombination aus 600 g/l Aclonifen und 30 g/l Diflufenican und wird mit einer Aufwandmenge von 1,9 l/ha im Vorauflauf eingesetzt.  Jura Max ist eine Fertigformulierung aus 667 g/l Prosulfocarb und 14 g/l Diflufenican. Die maximale Aufwandmenge liegt bei 3,2 l/ha in der Vorauflaufanwendung. Der Wirkstoff Diflufenican soll die Wirkung vor allem bei Gräsern, wie z. B. Hirse und Rispe sowie bei Weißem Gänsefuß und beim Windenknöterich unterstützen. Weiterhin bietet die Firma UPL Quidam (800 g/l Prosulfocarb) und Cresendo (360 g/l Clomazone) in diesem Jahr erstmalig an.

Die Kartoffelerzeuger sollten sich dieses Frühjahr unbedingt mit den Veränderungen im Unkrautmanagement auseinandersetzen, um sich mit der Wirksamkeit anderer Kombinationen wie dem wegfallenden Standard „Boxer + Sencor“ für deren individuelle Standorte vertraut zu machen. Eine Strategie für die Allgemeinheit wird es nicht geben, jede Fläche muss individuell auf ihr vorherrschendes Unkrautspektrum betrachtet werden. Ein großer Vorteil ist es, die Wirkstoffeigenschaften zu kennen und somit die höchsten Wirkungserfolge zu erzielen.

Die Wahl des ersten Applikationstermins bildet nach wie vor die Grundlage einer erfolgreichen Herbizidstrategie. Die meisten Produkte sollten hierfür im frühen Vorauflauf bis kurz vor dem Durchstoßen eingesetzt werden. Dadurch sind sie meist kulturverträglicher und wirkungssicherer als im Nachauflauf, vor allem nach dem Wegfall von Metribuzin. Bei den Anwendungszeitpunkten ist es wichtig, diese an das jeweilige Herbizid anzupassen. Produkte, welche die Wirkstoffe Aclonifen, Diflufenican, Flufenacet oder Clomazone enthalten, sollten spätestens eine Woche vor dem Durchstoßen der Kartoffeln eingesetzt werden, um Schäden zu vermeiden. Metobromuron (Proman) dagegen kann bis kurz vor dem Durchstoßen eingesetzt werden. Auch Prosulfocarb (z.B. Boxer) darf bis kurz vor dem Durchstoßen der Kartoffeln eingesetzt werden. Nach dem Legen ist es besonders wichtig, das Wachstumsstadium der Kartoffeln im Damm stets zu kontrollieren. Nur so kann vermieden werden vom plötzlichen Durchstoßen der Kartoffeln überrascht zu werden, um sich alle Optionen offen zu halten. Je schwieriger die Bedingungen zur Vorauflaufanwendung sind, desto wichtiger ist es die Eigenschaften der Wirkstoffe zu kennen – dazu zählen die Wasserlöslichkeit, die Abbaurate sowie die Bindefähigkeit. Eine Anwendung sollte auf einem feuchten, gut abgesetzten Damm erfolgen. Ein zeitiger Dammaufbau bzw. ein frühes Anhäufeln des Dammes trägt dazu bei, dass sich dieser bis zum Zeitpunkt der ersten Behandlung gut absetzen kann. Ist der Damm aufgrund von Strukturproblemen oder auch durch Trockenheit nicht abgesetzt, instabil und nicht fein genug, gestaltet sich die Herbizidmaßnahme aufgrund einer möglichen Abrieselung schwierig, was zu einer Zerstörung des Herbizidfilmes führen kann. Weiterhin wird durch einen frühen Dammaufbau ein zügiger Auflauf von Unkräutern gefördert, sodass schon vor dem Auflaufen der Kartoffel ein Großteil dieser Beikräuter mit den typischen Vorauflauf-Herbiziden erfasst werden können. Je feuchter, desto besser für die Bodenherbizide. Eine hohe Wasserlöslichkeit des Wirkstoffes bedeutet eine bessere Übertragung des Wirkstoffes auf die Unkrautorgane (Wurzel und Blätter) auch bei niedrigen Bodenwassergehalten. Der Wirkstoff Metribuzin besitzt die höchste Wasserlöslichkeit gefolgt von Clomazone. Im mittleren Bereich befindet sich der Wirkstoff Metobromuron, enthalten im Produkt Proman. Am niedrigsten ist die Wasserlöslichkeiten bei Flufenacet (Artist), Aclonifen (z.B. Bandur) Prosulfocarb (z.B. Boxer) gefolgt von Diflufenican (z.B. Bokator). Die UV-Einstrahlung und das Bodenleben (Mikroorganismen) führen mit der Zeit zum Abbau der herbiziden Wirkstoffen. Besonders bei trockenen Bedingungen wird der Abbau durch die Sonne beschleunigt. Die größte Halbwertszeit, also am langsamsten im Abbau sind Diflufenican und Aclonifen. Danach folgen Clomazone, Metobromuron und Flufenacet. Am schnellsten bauen sich Metribuzin und Prosulfocarb ab. Vor allem Prosulfocarb (z.B. Boxer) sollte daher frühestens 7 Tage vor dem Durchstoßen platziert werden. Besitzt ein Wirkstoff eine langsame Abbaurate und hat eine hohe Bindefähigkeit, kann er auch nach einem später erfolgendem Niederschlag noch immer eine zufriedenstellende Wirkung erzielen.

Besonders unter trockenen Bedingungen, auf humosen Böden und bereits großen Unkräutern, hat es sich kurz vor dem Auflaufen der Kartoffeln bewährt, die geplante Herbizidmaßnahme durch eine Kombination von Quickdown zu ergänzen. Vor allem bei vorwiegend über den Boden wirkenden Produkten, wie Artist, Boxer, Bandur oder clomazonehaltigen Produkten wird durch eine Zumischung des rein blattaktiven Wirkstoffes Pyraflufen im Quickdown der Wirkungsgrad und die Wirkungsbreite deutlich erhöht. Durch eine Zumischung von 0,4 l/ha Quickdown + 1,0 l/ha Toil werden viele bereits aufgelaufene Unkräuter erfasst. Quickdown sollte als „Brenner“ bis kurz vor dem Durchstoßen angewendet werden, um Schäden an den Kartoffelpflanzen zu vermeiden.

Metobromuron (Proman): Mit diesem Wirkstoff bieten sich eine Reihe interessante Kombinationsmöglichkeiten an. Proman kann bis zum Durchstoßen eingesetzt werden. Die Stärke von Proman ist in der Bekämpfung von Knöterich-Arten sowie Gänsefuß- und Meldearten zu sehen. Gegen Klettenlabkraut und Amarant ist eine Ergänzung notwendig. In der Kombination von 2,0 l/ha Proman mit clomazone-haltigen Produkten, wie 2,4 kg/ha Novitron DamTec, lassen sich gute Effekte gegen den Schwarzen Nachtschatten erzielen. Da es sich bei Proman um ein breitwirksames Basisherbizid handelt, ist bei normaler Verunkrautung eine Mischung von 2,5 l/ha Proman mit 3,0 l/ha Boxer oder 2,5 l/ha Proman + 2,5 l/ha Bandur als Clomazone- und Metribuzin-freie Komplettlösung möglich.

Prosulfocarb (z.B. Boxer, Quidam): Der Wirkstoff kann bis zum Durchstoßen der Kartoffel eingesetzt werden und zeigt eine sehr gute Wirkung gegen Klettenlabkraut und bereits aufgelaufenem Nachtschatten. Die Leistung bei den Knöterich-Arten ist als etwas schwächer anzusehen. Für eine gute Wirksamkeit benötigt Prosulfocarb eine entsprechende Bodenfeuchte.

Aclonifen (z.B. Bandur, Chanon): Ist der Nachtschatten-Druck gering, kann man das breite Wirkungsspektrum und die lange Dauerwirkung von Aclonifen für den frühen Voraufauf nutzen. Für eine effektive Kontrolle von Knöterich-Arten benötigt der Wirkstoff Unterstützung, zum Beispiel eine Kombination mit Clomazone (z.B. Centium 36 CS) oder Metobromuron (Proman). Bewerte Empfehlungen sind Mischungen aus Proman 2,5 l/ha + Bandur 2,5 l/ha bzw. Bandur 3,0 l/ha + Centium 36 CS 0,2 l/ha.

Clomazone (z.B. Centium 36 CS, Cresendo, Sinopia): Der Wirkstoff Clomazone erweitert das Wirkungsspektrum anderer Herbizidwirkstoffe und hat einen vergleichsweise geringen Anspruch an die Bodenfeuchte. Das häufigste Anwendungsgebiet stellt der Einsatz als Mischpartner gegen Klettenlabkraut und Windenknöterich dar. Seine gute Dauerwirkung macht Clomazone speziell für den frühen Einsatz interessant. Die Kombination aus Clomazone und Proman im Sinopia hat durch seine synergistischen Effekte das breiteste Wirkungsspektrum auf Unkräuter wie Nachtschatten, Klettenlabkraut, Weißer Gänsefuß und Knötericharten.

Diflufenican (Bokator, Jura Max): Die beiden Kombiprodukte aus Diflufenican und Aclonifen (Bokator) und Diflufenican + Prosulfocarb (Jura Max) werden im Vorauflauf eingesetzt. Bei normaler Verunkrautung auf leichten bis mittleren Böden wird eine Mischung aus Jura Max 3,0 l/ha + Proman 2,5 l/ha empfohlen. Bei einer breiten Mischverunkrautung inkl. Gänsefuß, Kamille und Vogelmiere auf mittleren bis schweren Böden liegt die Schwerpunktempfehlung auf der Kombination aus Bokator 1,9 l/ha + Proman 2,5 l/ha. Bei einer sehr breiten Mischverunkrautung inkl. Gänsefuß, Kamille, Klette, Nachtschatten und Windenknöterich ist die Dreifach-Mischung aus Bokator 1,75 l/ha + Boxer/Roxy 1,75 l/ha + Proman 1,75 l/ha eine weitere gute Option.

Gräserbekämpfung: Die genannten Herbizidkombinationen zeigen in der Regel schon eine gute Gräserleistung. Für Problemlächen gibt es die bekannten zugelassenen Graminizide, die alle im Nachauflauf eine entrpechende Bekämpfung erlauben.

Durch die verhaltene Jugendentwicklung der Kartoffel und der relativ späten Abdeckung des Bodens aufgrund des späten Bestandesschluß, haben Unkräuter in Kartoffelbeständen lange Zeit sich zu entwickeln. Unabhängig ob chemisch oder mechanisch wird bei Kartoffeln durch präventive Bekämpfung ein möglichst unkrautfreier Bestand zwischen Kartoffelpflanzung bis Bestandsschluss und wiederum ab Krautvernichtung angestrebt. Der Anbau als Dammkultur ermöglicht je nach Witterung eine effektive mechanische Unkrautbekämpfung mit verschiedenen Striegel- und Hackgeräten, insbesondere während der kritischen Jugendentwicklung. Der Bekämpfungserfolg ist hier sehr stark von den Standortbedingungen, der Witterung und Erfahrungswerten abhängig. Im Kartoffelbau gewinnt auch das Thema Spätverunkrautung zunehmend an Bedeutung aufgrund Sorten mit weniger Blattwerk und einem verringerten Stickstoffniveau, welches die Unkrautkonkurrenzleistung der Kulturpflanze reduziert. Diese Spätverunkrautung kann in den meisten Fällen später mit einer Sikkationsbehandlung noch etwas unterdrückt werden. Am effektivsten ist die mechanische Bekämpfung im Keimschlauch- oder Keimblattstadium mit dem Striegel. Mit einem Durchgang vor Auflaufen von Kartoffeln und Unkräutern (Blindstriegeln) strebt man das Freilegen von Unkraut-Keimschläuchen an, die anschließend vertrocknen. Bereits aufgelaufene Unkräuter im Keimblattstadium werden entwurzelt. Unkräuter in einem weiter entwickelten Stadium können mit dem Striegel in der Regel nur noch geschwächt, aber nicht vollständig zerstört werden. Der Striegel kann bis zu einer Kartoffelstaudenhöhe von rund 25 cm eingesetzt werden, ohne Kartoffelstängel und Kraut relevant zu verletzen. Unmittelbar beim Durchstoßen der Dammoberfläche sind die jungen Kartoffeltriebe aber bruchempfindlich. Nach dem Striegel kommen Hackgeräte im Dammflanken- und Zwischenreihenbereich sowie Häufelgeräte bzw. Dammformer zum Einsatz. Zur Schonung von Kartoffeln und Boden sowie Minimierung der Kosten gilt der Grundsatz: „So viel Durchfahrten wie nötig, so wenig wie möglich“. Sobald Striegeln nicht mehr möglich ist, wird gehackt und gehäufelt. Dabei gilt es die Dämme möglichst minimal zu bearbeiten. Kartoffelwurzeln und -stolonen reagieren empfindlich auf Verletzungen. Bei Beschädigungen im Wurzelbereich sind Ertragseinbußen die Folge. Zum Zeitpunkt des Auflaufens der Kartoffeln sollte der Damm zu größten Teilen auf- bzw. wieder aufgebaut sein. Anderenfalls riskiert man das Überschütten aufgelaufener Stauden. Zugeschüttete Stauden haben ebenfalls Ertragsverluste und auch Wachstumsverzögerungen eines Bestandes zur Folge. In jedem Fall gilt es den Wetterbericht, die feldspezifische Unkrautsituation und den jeweiligen Entwicklungsstand der Kartoffeln vorausschauend im Blick zu haben. Letztendlich hängt die erfolgreiche Unkrautregulierung in Kartoffeln von einer Vielzahl von Faktoren ab, die es je nach Jahreseffekten situativ zu berücksichtigen gilt.

Beitrag von Corinna Fuchs, Daniel Behr

Certis Belchim BV