Immer wieder wird Kalk vernachlässigt, gerne auch im Kartoffelanbau - hier ein Interessanter Beitrag von Max Schmidt

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19. Januar 2024

Auf einem großen Teil unserer Ackerflächen schreitet die Bodenversauerung voran und gefährdet damit die Bodenfruchtbarkeit.
Dieses besorgniserregende Bild zeichnet die Bodenzustandserhebung des BMEL. Die Kalkversorgung sollte daher stärker als bisher in den
Fokus rücken, fordert Max Schmidt, Kalk- und Bodenspezialist.

Wir sehen uns immer mehr problematischen Witterungsbedingungen gegenübergestellt. Entweder länger anhaltender Regen mit viel Niederschlag oder langanhaltende Trockenperioden, die keinen Niederschlag für unsere Kulturen bieten. Dies führt dazu, dass wir uns verstärkt mit unserem Boden auseinandersetzten müssen.

In Zusammenarbeit mit Dipl. Ing. (FH) Max Schmidt wollen wir über das Thema Kalkversorgung und dessen Wirkung auf die Fruchtbarkeit des Bodens berichten.

 

11 Tipps zur Stoppelkalkung

Kalkdünger sind Mehrwirkungsdünger. Sie führen dem Boden Kalzium Ca++- und Magnesiumionen Mg++ zu und in der Bindungsform als Oxid, Hydroxid, Karbonat oder Silikat haben sie eine basische Wirkung und regulieren den pH-Wert. Kalzium und Magnesium sind außerdem Hauptnährstoffe für unsere Kulturpflanzen. Die Zeit nach der Getreideernte eignet sich hervorragend die notwendige Erhaltungskalkung oder eine Gesundungskalkung auf meist sehr gut tragfähigen Böden durchzuführen und den Kalk mit der Stoppelbearbeitung in den Boden einzumischen.

1. pH-Wert und Kationenbelegung der Kolloide

Mit dem pH-Wert wird die Wasserstoffionenkonzentration (H+-Ionen) im Boden gemessen und abhängig von der Bodenart der Kalkbedarf errechnet, der notwendig ist den anzustrebenden Versorgungsbereich C einzustellen. In diesem Versorgungsbereich sind die Ton- und Humuskolloide zu 70 – 85 % mit Ca++ und 10 – 15 % Mg++-Ionen abgesättigt. Den Rest nehmen K+ und H+-Ionen ein, der Boden befindet sich im Gleichgewicht. Auf überdüngten Böden (Versorgungsstufe D und E bei Kali und Magnesium) sollten Sie zur Optimierung der Bodenstruktur in den oberen Bereich der Versorgungsstufe C aufkalken.

Abbildungen: Kationenbelegung und Wirkungsweise von Branntkalk

2. Freier Kalk

Schwere Böden sollten neben einem pH-Wert von 7 noch freien Kalk enthalten, den Sie mit verdünnter Salzsäure feststellen können. Wenn die Kolloide mit Kalzium und Magnesium abgesättigt sind und noch Kalküberschüsse vorhanden sind, reagieren diese mit verdünnter Salzsäure durch leichtes aufbrausen oder zumindest durch hörbares knistern. Wenn Sie ein stärkeres Aufbrausen feststellen, handelt es sich um einen kalkreichen Boden, der keiner Kalkzufuhr bedarf. In Deutschland sind das ca. 30 % der Böden, ca. 70 % der Böden sind kalkbedürftig.

3. Erhaltungskalkung

Unter unseren humiden Klimabedingungen ist auf allen Böden, die keine Kalkvorräte mehr besitzen, eine regelmäßige Erhaltungskalkung erforderlich. Die Kalkverluste sind durch die Kohlensäurebildung im Boden größtenteils natürlichen Ursprungs und erhöhen sich um den Neutralisierungsbedarf für den sauren Regen, der überwiegend aus Salpetersäure besteht und der sauren Düngung mit Harnstoff oder schwefelhaltigen Stickstoffdüngern. Die Höhe der Erhaltungskalkung ist in der Bodenuntersuchung in dt CaO/ha für 3 Jahre angegeben. Eine dt CaO entspricht ca. einer dt Branntkalk, 2 dt Kohlensaurem Kalk oder 4 dt Carbokalk. Als Faustzahl gilt jährlich eine Tonne kohlensaure Kalke oder ein Mehrfaches, wenn im Abstand von mehreren Jahren gekalkt wird.

Sand

5,4 - 5,8

schwach lehmiger Sand

5,8 - 6,3

stark lehmiger Sand

6,1 – 6,7

sandiger/schluffiger Lehm

6,3 – 7,0

toniger Lehm, Ton

6,4 – 7,2

 

Tabelle anzustrebende pH-Werte nach VDLUFA 2000

4. Gesundungskalkung

Eine Gesundungskalkung ist erforderlich, wenn die pH-Werte bereits in die Versorgungsstufen A und B abgefallen sind. Die Kalkmenge ist in der Bodenuntersuchung angegeben. Auf versauerten Böden ist die Gesundungskalkung mit Mehrerträgen von >20 % die wirtschaftlichste Maßnahme die Sie durchführen können.

 

Kalkbedarf in dt CaO

pH-Wert

Lehmiger Sand

Sandiger/schluffiger Lehm

Toniger Lehm bis Ton

4,5

57

117

160

5,0

38

88

121

5,5

19

59

82

6,0

12

27

44

6,5

0

17

22

7,0

0

0

20

 

Tabelle: Kalkbedarf bei Verschiedenen Böden und pH-Werten

 

5. Was braucht die Pflanze

Der Boden muss den Pflanzen nicht nur Nähstoffe sondern in erster Linie Wurzelraum und Wasser bereitstellen und die Pflanzenwurzeln und das Bodenleben mit Sauerstoff versorgen. Nur ein stabiles Bodengefüge ist gut durchwurzelbar, kann Regenwasser ableiten, pflanzenverfügbar speichern und den Gasaustausch mit der Atmosphäre sicherstellen.

Abbildung: Das muss der Boden bereitstellen

6. Bodenstruktur

Die beste Struktur ist ein Aggregatgefüge aus lebendverbauten Krümeln. Dazu braucht das Bodenleben Nahrung in Form von Pflanzenresten und Wurzelausscheidungen der Pflanzen sowie eine schützende Pflanzendecke oder Mulchschicht. Nach der Getreideernte ist beides vorhanden, wenn Sie das Stroh nicht vergraben und eine Zwischenfrucht oder Winterraps einsähen. Wenn Sie dann noch mit einer Kalkung die Kalziumkonzentration im Boden erhöhen kann das Bodenleben aus Ton/Humuskomplexen, die das zweiwertige Ca++ verbindet, stabile Krümel bilden. Die stabliste Form ist der Regenwurmkot.

 

Abbildung Ton/Humuskomplex

 

7. Nährstoffdynamik

Nach Inkrafttreten der Düngeverordnung sind die Düngung mit Stickstoff und Phosphat und Bilanzüberschüsse eingeschränkt. Die Angst, nun keine Höchsterträge oder hervorragende Qualitäten mehr erzeugen zu können ist aber unbegründet. Die Bodenvorräte beider Nährstoffe liegen in unseren Ackerböden zwischen 5.000 und 10.000 kg/ha, bei Stickstoff teilweise noch höher. Mit der Kalkung saurer Böden können sie stark gebundene Eisen- und Aluminiumphosphate in die besser verfügbaren Kalziumphosphate umwandeln. Ein optimaler pH-Wert stimuliert das gesamte Bodenleben, das durch die Mineralisierung der organischen Bodensubstanz Stickstoff, Phosphate und Schwefel freisetzt. Betriebe mit intakten Böden haben fast immer negative N-Bilanzen bei besten Erträgen, weil ihre Böden diese Nährstoffe besser transformieren als saure Böden und Böden mit unzureichender Struktur.

 

8. Spurennährstoffe

Bei Kalkungsempfehlungen wird regelmäßig darauf hingewiesen, dass bei hohen pH-Werten die Verfügbarkeit von Spurennährstoffen abnimmt und der Begriff “Überkalkung“ verwendet, der eigentlich zum Unwort erklärt werden müsste, weil er die Landwirte nur verunsichert. pH-Werte >7 findet man fast nur auf Böden, die geologisch bedingt diese hohen Werte aufweisen und zu unseren fruchtbarsten Böden zählen (Pararendzinen und junge Braunerden auf Löss und kalkhaltigen Tongesteinen). Spurenelemente sind hier fast nie ein Problem. In seltensten Fällen wurden leichte Böden freiwillig auf pH-Wert von 7 aufgekalkt, der Großteil dieser Böden hat zu niedrige Werte. Außerdem steigen die pH-Werte bei uns wegen des Kohlensäure-Puffersystems selten über pH 7,2 an. Zudem hat die Pflanze die Fähigkeit über die Wurzel Kohlensäure auszuscheiden und den wurzelnahen Bereich anzusäuern um leichter Spurennährstoffe und Phosphat aufnehmen zu können. Ein Spurenelement, das in der Verfügbarkeit direkt vom pH-Wert abhängig ist, ist das Molybdän, das erst bei pH-Werten über 6,5 gut von der Pflanzenwurzel aufgenommen wird.

 

Abbildung: Nährstoffmobilisierung durch Versauerung im wurzelnahen Bereich

 

9. Humusaufbau

Beim Humus ist nicht die Menge sondern die Qualität entscheidend. Auf tonarmen leichteren Böden ist der Humus für die Nährstoff- und Wasserspeicherung besonders wichtig. Guter Humus entsteht in den Böden bei pH-Werten von 6 – 7,5, weil sich hier Bakterien und Pilze im Gleichgewicht befinden. In sauren Böden überwiegt die pilzliche Zersetzung, die schlechte Humusformen liefert. Die Ernterückstände, Wirtschaftsdünger und eine evtl. folgende Zwischenfrucht sind die Nahrung für das Bodenleben und die Grundlage der Humusbildung. Wenn sich mit Kalk Ton/Humuskomplexe und Mikroaggregate bilden können und eine reduzierte Bodenbearbeitung mit Rückverfestigung erfolgt, können Sie Humus aufbauen.

10. Bodenhygiene

Böden sind dann gesund, wenn sich das Bodenleben in Form von Bakterien, Pilzen, Bodentieren und Insekten im Gleichgewicht befinden, also Schädlinge und Nützlinge das Gleichgewicht halten. Dazu ist ein funktionierender Boden die erste Voraussetzung. Mit der Optimierung der Kalkversorgung können Sie dies direkt beeinflussen. Das größte Problem ist im Rapsanbau mittlerweile die Kohlhernie, die durch den Einzeller Plasmodiophora brassicea verursacht wird. Eine Kalkung wirkt vorbeugend und im Fall von Branntkalk bei einer Aufwandmenge von 2 – 4 t/ha sogar bekämpfend auf verseuchten Flächen. Ein hoher pH-Wert > pH 7 hemmt die Sporenkeimung und eine gute Kalziumernährung in Verbindung mit einer Bordüngung stabilisierend auf das Zellgewebe, wodurch die Widerstandsfähigkeit der Rapspflanze erhöht wird. Betriebe, die Branntkalk vor der Saat anwenden stellen meist auch eine ausreichende Wirkung gegen Ackerschnecken fest.

 

Bild: Rapsbestand mit Schäden durch Ackerschnecken. Unten ohne Branntkalk, Oben 1,5 t/ha Branntkalk gemahlen vor der Saat.

 

Bild: typisches Erscheinungsbild der Hohlhernie

11. Welchen Kalk verwenden?

Kohlensaure Kalke enthalten 40 – 50 % CaO basisch wirksame Anteile (BwB) und eignen sich für leichte bis mittlere Böden. Die Reaktivität (Wirkungsgeschwindigkeit) ist vom Vermahlungsgrad und der geologischen Herkunft abhängig. Bei einer Reaktivität > 80 % (z. B Kreidekalke, die es auch granuliert gibt) dürfen sie den Zusatz „leicht umsetzbar“ tragen. Falls Ihre Böden auch noch magnesiumbedürftig sind, sollten Sie Magnesiumkalke aus Dolomitgestein verwenden, bei denen eine feine Vermahlung besonders wichtig ist. Eine gute Entscheidungshilfe beim Kauf ist das DLG-Qualitätssiegel. Kohlensaure Kalke werden fast ausschließlich als Feuchtkalke geliefert, für die der Fachhandel die geeigneten Ausbringungsgeräte bereithält. Regional sind auch feuchte Mischkalke aus kohlensaurem Kalk und Branntkalk erhältlich.

Branntkalk mit 80 – 90 % CaO gibt es in der körnigen und gemahlenen Variante, letzteres muss mit Großflächenstreuern mit Schneckenstreuwerken ausgebracht werden, die Lohnunternehmer und auch Lagerhäuser anbieten können. Sie haben auf mittleren bis schweren Böden erhebliche Vorteile in der Wirkung. Die ideale Bezugsform für Branntkalk körnig ist der Big Bag, da hier die Kornqualität am Besten erhalten bleibt und eine staubarme Ausbringung mit dem Schleuderstreuer möglich ist. Viele Betriebe sind bei Branntkalk körnig auf eine jährliche Kalkung mit Aufwandmengen von 300 – 500 kg/ha umgestiegen.

 

Herr Schmidt ist selbstständiger Berater im Bereich der Kalkung und der Bodenkunde. Gerne kann man Ihn auch für Beratungszwecke kontaktieren und beauftragen. Er hat neben einigen Büchern die er über dieses Thema veröffentlicht hat, auch einen Auftrag an der HSWST (Hochschule Weihenstephan-Triesdorf). Hier die Kontaktdaten von Herrn Schmidt:

 

 

Dipl. Ing. (FH) Max Schmidt
Kalk- und Bodenspezialist

Keltenring 2
D-92369 Sengenthal

Telefon: +49 (0) 9181 20570
Mobil:    +49 (0) 176 94445690
Fax:       +49 (0) 9181 290987

Homepage: www.boden-max.de
E-Mail:   schmidt@boden-max.de

 

Beitrag von Max Schmidt