Sehr viele Ungewissheiten im Kartoffelanbau für die Saison 2022 – wir versuchen Licht ins Dunkel zu bringen! Zulassungen für Drahtwurmmittel sind da!

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25. Januar 2022

Aktuell sehen viele Landwirte in den verschiedensten Bereichen Schwierigkeiten auf den Anbau der Kartoffeln im Jahr 2022 auf sich zukommen. Ob extrem hohe Düngerpreise, Wegfall von Mancozeb, oder das Thema Beizung mit was dürfen wir eigentlich wie noch anbeizen und was hilft wirklich? Auch die Zulassung für die Drahtwurmmittel Force Evo und Trika Expert stand bis vor kurzem noch in der Schwebe, doch diese kamen jetzt!  

 Thema Beizung:

  • Weiterhin erlaubt ist das beizen mit Ortiva, bis zu 3 l in der Furche. Anscheinend ist der Wirkstoff doch noch länger als gedacht zur Verfügung. Jedoch kommen Auflagen auf uns zu, wer mit Ortiva beizt, darf in der Folgekultur (meist Weizen) den Wirkstoff nicht mehr verwenden. Bitte prüft im Vorfeld die Auflagen bevor Ihr in die Planung geht, und überlegt ob Ihr in der Folgekultur Azoxystrobin benötigt oder nicht.
  • Diavolo ist nur noch über das ULV – Gerät zugelassen, genauso wie Moncut. Die Firma Belchim versucht aber die Zulassung für den Legeschacht 2023 wieder zu bekommen.
  • Emesto Silver wird nicht mehr produziert. Aktuell wird noch das vermarktet was beim Landhändler liegt. Emesto Silver hat als einzige chemische Beize 2022 noch eine Zulassung im Legeschacht. Die Zulassung endet zum 31.07.23. Es gibt hier Rückstandsproblematiken.
  • Grundsätzlich sollte man das gelieferte Pflanzgut immer kontrollieren. Pflanzgut lieber gleich reklamieren als später ärgern. Sollte aus einer angemeldeten Eigenvermehrung aber doch leichte Rhizoctonia auf den Knollen zu finden sein, ist es immer besser mit einem ULV-Gerät zu arbeiten. Untersuchungen haben ergeben, dass 38 % des Mittels beim ULV-Verfahren auf die Knolle kommt und nur 1,8 % im Legeschachtverfahren. Hier wird zwar die Erde um die Knolle auch gut besprüht und man spricht hier von einem Beizhof, aber im Fall der Fälle vielleicht dann doch auf ULV zurückgreifen.
  • Kuper anbeizen ist weiterhin zulässig. Kann aber nicht mit biologischen Beizen gemischt werden da dies sich nicht verträgt. Kuper ist die erste Wahl bei Sorten die gerne Probleme mit Erwinia haben.
  • Biologische Produkte: Proradix, Rhizovital 42, Solanova. Gute Erfahrungen konnten wir mit allen Produkten machen. RhizoVital 42 eher als Zumischung zur konventionellen Beize oder als Ergänzung zum Ortiva sofern es die Technik hergibt (Ortiva in die Furche und RhizoVital 42 auf die Knolle). Solanova und Proradix haben auch sehr gut in den Einzelanwendungen abgeschnitten.
  • Grundvoraussetzung ist immer ein gesundes, vitales Pflanzgut. Keine Beize kann Wunder vollbringen. Bitte nie vergessen: Eine klassische Moncut-Beize oder Emesto Silver wirken nach 4 Monaten auch nicht mehr. Die Biobeizen mit ihren positiven Mikroorganismen verbleiben im Boden und wirken auch hinten raus. Wer die Chemie-Keule will kommt um Ortiva nicht drumherum.

 Thema Metribuzin:

  • Sicher ist eins, Metribuzin als Herbizidwirkstoff in den Produkten Sencor, Artist, Metric, Arcade, Mistral wird es irgendwann nicht mehr geben. Der Wirkstoff erfüllt zwei K.O. – Kriterien! Die Entscheidung wie lange wir die Produkte im Herbizid-Bereich noch haben wird am 31.07.2022 fallen.
  • Von Belchim gibt es ein neues Produkt: Sinopia. Die Versuche 2021 waren auch bei uns sehr positiv. Bei Clomazone-Produkten bitte immer die Auflagen beachten. Kein Einsatz bei Temperatur über 25 ° C im Frühjahr.

 Thema Fungizide:

  • Mancozeb als jahrzehntelanges Standardprodukt ist 2022 weg. Damit auch ungefähr die Hälfte aller Mittel die Zugelassen waren für den Kartoffelanbau. Neue Strategien für den Anbau 2022 erarbeiten wir aktuell und werden Ihnen diese in den nächsten Wochen und Monaten näherbringen. Alternaria könnte hier die größere Herausforderung werden, gerade hintenraus. Da ein zu häufiger Einsatz von Difenoconazol im Revus Top und Narita ein Problem werden könnte bezüglich Resistenzen. Wichtig wird hier, auch Nebenwirkungen gegen Alternaria zu nutzen. Beispiel wer noch Tanos hat bitte dies 2022 mit einsetzten (Aufbrauch von Tanos noch bis 16.09.2022 erlaubt). Gerade in Verbindung mit Shirlan sehr gut gegen Alternaria. Aber auch über Kuper als Universal-Kontaktmittel nachdenken gegen Kraut- und Knollenfäule und auch gegen Alternaria. Polyram (Metriam) ist 2022 auch noch in Kartoffeln zugelassen. Wirkt auch gegen Alternaria. Soll aber hauptsächlich im Gemüsebereich eingesetzt werden. Da wird es schwierig überhaupt was zu bekommen. Positiv zu vermelden ist, dass die Firma Belchim eine Zulassung für das Produkt Voyager bekommen hat (Valis plus Shirlan ohne Mancozeb). Leider startet die Vermarktung aber erst aktiv in 2023. Der Trend insgesamt geht in Richtung von Produkten mit Einzelwirkstoffen damit der Landwirt dann selber seine Mischungen zusammenstellen kann. Proxanil wird wieder kommen. Wann ist fraglich?? Aktuell vorhandene Mengen müssen bis 30.06.22 aufgebraucht werden. Wichtig im absoluten Grundsatz ist: Die Startspritzung 2022 muss sitzen. Die Gefahr einer hohen Sporenbelastung des Pflanzgutes ist sehr groß. Zum Start bieten sich dieses Jahr Zorvec, Infinito und Carial Flex an. Dazu folgen weitere Infos in weiteren Beiträgen.

 Thema Drahtwurmmittel:

  • Seit gestern haben wir die Notfallzulassungen für Trika Expert und Force Evo sowie das biologische Mittel Attracap, die uns schon länger vorlag. Die Menge bei Force Evo ist wie im letzten Jahr auf 80.000 kg bzw. 5.000 ha auf Starkbefallsflächen begrenzt. Wer hier etwas machen möchte sollte sich bald um die Beschaffung von Force Evo kümmern. Die Wirkungsgrade liegen im Einzeleinsatz im besten Fall bei 60 % Wirkung. Wir konnten in den Versuchen keine Unterschiede feststellen ob Trika Expert oder Force Evo bessere Wirkung zeigt. Für Trika Expert wurde eine Menge von 75.000 kg und sprich ebenfalls 5.000 ha genehmigt. Auch hier ist es so, dass man sich um die Beschaffung zeitnah kümmern sollte. Ob das Produkt Spintor GS von Corteva, das 2021 schon eine Zulassung in Österreich hatte, dieses Jahr für Deutschland kommen wird ist eher unwahrscheinlich. Die Firma Corteva arbeitet zwar daran, bis dato haben wir aber leider keine aktuelleren Informationen wie hier der Sachstand ist. Des Weiteren können natürlich auch wieder unsere Baukastensysteme mit Steri Clean, Nova Verm Viva, Soil Tonic und Selen in die Düngung gefahren werden. Auch kombiniert mit Trika Expert und Force Evo. (Siehe Beitrag „Ansätze zur Drahtwurmbekämpfung 2021 - Möglichkeiten/Ansätze die wir aktuell haben! Aktuell starker Druck auf vielen Flächen!“)

 Thema Düngung:

  • Wir werden Düngekonzepte für unsere Landwirte im Februar ausarbeiten, um noch vor dem Start hier verschieden Möglichkeiten anbieten zu können, wie jeder Anbauer auf seine Situation und Sorten entsprechend in die Düngung 2022 gehen kann. Einige neue Produkte die über Bakterien aus der Luft oder aus dem Boden zusätzlich Nährstoffe mobilisieren haben wir zum Teil schon vorgestellt und zum Teil haben wir noch weitere herausgearbeitet, die uns eventuell hier hilfreich sein könnten. Hier noch einmal ein kurzer Hinweis auf die Produkte die derzeit diskutiert werden:
  • Produkt Utrisha N, Firma Corteva, soll 30 – 40 kg N ersetzten/bringen, Aufwand je ha liegt bei 0,333 kg je ha (Kosten ca. 40 Euro je ha), Anwendung bei Reihenschluss, wirkt auf dem Blatt, basiert auf Methylobacterium symbioticum, hier der Link zum Produktdatenblatt!
  • Produkt Poesie, Firma Omnicult, soll 30 – 40 N ersetzten/bringen, Aufwand je ha liegt bei 4 l (Kosten ca. 40 Euro je ha), Anwendung bei 25 cm Wuchshöhe, wirkt auf dem Blatt, basiert im Gegensatz von Utrisha auf 4 verschiedenen Mikroorganismen, hier der Link zum Produktdatenblatt!
  • Produkt ERBERS N4.0, Mikrobielles Pflanzen-Biostimulans, Fa. Erber-Agro, Stickstoffsammelnde Bakterien, Aufwand liegt bei 0,5 l je ha, Kosten liegen bei 17,50 Euro je ha, basiert auf Beijerinckia fluminensis-Stamm, sollte nicht mit Fungiziden oder Kupfer ausgebracht werden. Am besten vor Reihenschluss solo spritzen. Hier geht es zum Produktdatenblatt!
  • Produkt ERBERS PK4.0, Mikrobielles Pflanzen-Biostimulans, Fa. Erber-Agro, Aufwand liegt bei 0,5 l je ha, Kosten liegen bei 17,50 Euro je ha, basiert auf Paenibacillus mucilaginosus-Stamm, Wirkungsweise: Bakterien produzieren d-Gluconsäure, Oxalsäure und Zitronensäure. Diese Säuren fördern die Freisetzung von Nährstoffen im Boden, insbesondere von Phosphor und Kalium. Ausbringung ohne Fungizide und Kupfer am besten bis kurz vor Reihenschluss! Hier geht es zum Produktdatenblatt!
  • Ein Ertragsförderndes Biostimulanz ist auch von Syngenta jetzt am Markt. Quantis! Auch hierzu werden wir euch weitere Infos liefern. Die Ergebnisse waren sehr positiv in 2021! Hier ein Video dazu!
  • Zu den Mitteln müssen wir eines im Grundsatz sagen, wir konnten in 2021 positive Ergebnisse mit den Produkten von Omnicult erzielen. Zu den neuen Sachen haben wir bisher keine Erfahrung. Unserer Empfehlung hierzu, definitiv selber auf Flächen ausprobieren. (Natürlich werden wir hier auch Versuche anlegen und Ihnen dazu berichten!) Wir können aber insgesamt schon eines sagen, dass viele Dinge auf mikrobiologischer Basis meist mehr können als man meint und es unbedingt notwendig ist sich langfristig damit auseinander zu setzten. Der Weg geht leider immer mehr in diese Richtung in der zukünftigen Landwirtschaft.

Wir werden in den nächsten Wochen für Sie weitere Beiträge zu den wichtigen Themen Düngung, Fungizidstrategie und Drahtwurmbekämpfung in 2022 und noch einiges mehr erstellen.

 

Beitrag von Johannes Seemeier