Aktuell wieder mehr Drahtwurmbefall an den Knollen zu finden - Hier nochmal unsere Empfehlungen zur Vorgehensweise!

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17. September 2024

Ansätze zur Drahtwurmbekämpfung

Stand September 2024

 

Wie kann ich gegen den Drahtwurm vorgehen? Welche Möglichkeiten bestehen? Der Drahtwurm ist gerade im Speisekartoffelanbau eines unserer größten Probleme. Getrieben von engeren Fruchtfolgen, dem Zwang zum Anbau von Zwischenfrüchten den die GAP uns auferlegt hat und dem Thema Klimawandel. Viele Möglichkeiten die wir schon hatten im Kartoffelanbau gibt es nicht mehr.

Hier einige unserer erprobten „Anti-Drahtwurm-Baukästen“, die uns Erfolg gezeigt haben. Warum Baukästen: Einzelmaßnahmen bekämpfen meist nur entweder den frühen Drahtwurm und wirken spät nicht mehr! Vertreibende Produkte wie Soil Tonic können zu groß gewordenen Populationen im Boden dann zum Ende der Vegetation nicht mehr genug vertreiben/bekämpfen. Wir halten von Einzelmaßnahmen wenig, da dies im System erfolgen sollte um am Ende ans Ziel zu kommen!

 

Wir haben uns in den letzten Wochen noch einmal sehr stark mit dem Thema Drahtwurm auseinandergesetzt. Warum, weil es auch 2024 wieder Veränderungen gibt, hinsichtlich der zur Verfügung stehenden Granulate.

Hier eine Übersicht über die Zugelassenen Produkte die wir einsetzen dürfen:

Karate 0.4 GR von Syngenta

Spintor GR von Corteva

SoilGuard 0.5 von Shada

 

ATTRACAP wirkt eher in den nördlichen Gebieten besser, da die süddeutschen Drahtwurmpopulationen damit nicht bekämpft werden können, bzw. nur bedingt. Hier geht unserer Erfahrung nach, die Kosten/Nutzen-Situation nicht auf. Nach Angaben der Firma Biocare ist ATTRACAP kombinierbar mit Allstar, Moncut, Proradix, Funguran progress, Cuprozin progress, Rhizovital 42 und Ortiva. Beachten Sie die Anforderungen an Lagerung und Transport. Vor allem die Einhaltung der Kühlkette bis zum Einsatz im Feld ist wichtig.

Was neu zugelassen wurde, und für die Saison 2023 und 2024 (bis dato Zulassung da bis Einsatz 30.04.24) zur Verfügung steht ist das Produkt Spintor GR von Corteva. Vorteil ist, dass der natürliche Wirkstoff auf einem sehr harten Korn (Kohlensaurer Kalk) aufgebracht wird. Dieses soll sehr lange im Boden herhalten und die Wirkung kann bis Mitte Juni aufrechterhalten werden. Das wiederum würde uns gegen die erste Drahtwurmwelle sehr gut helfen. Leider geht uns im Gegenzug der NP-Dünger ab, und nicht jede Region braucht zwingend zusätzlich Ca. Bitte auch nicht auf die Idee kommen, das Produkt mit anderen Mikrogranulatdüngern mischen, da es hier zu Entmischungen kommen kann. Alle Detail-Infos zu Spintor GR findet Ihr hier im Datenblatt.

 

Was wir auch noch neu haben in dieser Saison ist das Produkt Tercol von Compo Expert. Tercol besteht zu 78 % aus Kräuterextrakten, zu 7 % aus Mikroalgen, und 15 % Meeresalgen. Die Kräuterextrakte setzten sich unter anderen aus Knoblauch, Wallnuss, Brennnessel und Tagetes zusammen. Diese Mischung aus diesen Kräuterextrakten vertreibt den Drahtwurm und schützt somit unsere Knollen. Das Produkt ist als Granulat für die Furchenbehandlung erhältlich und zum Spritzen. Vorschlag vom Hersteller sind 5 Anwendungen, eine in der Furche und 4 Spritzungen. Um eine optimale vergrämende Wirkung zu erzielen sollte Tercol flüssig bei den ersten beiden Fungizidmaßnahmen mitgespritzt werden, sowie ziemlich zum Schluss der Vegetation zweimal vor der Sikkation um laufend den Drahtwurm in Schacht zu halten. Der Aufwand liegt bei 10 l je Anwendung uns die Kosten belaufen sich auf ca. 9,90 Euro je Liter. Also nicht ganz günstig, dennoch wenn es uns hilft ein neuer toller Baustein in der Drahtwurmbekämpfung. Was das Produkt aber wieder günstig macht, ist die Zusammensetzung der beiden anderen Komponenten. Die Meeresalgen entsprechen der Algen-Gattung von Kelpak. Somit könnten wir also auch gleichzeitig zu Beginn der Vegetation das Wurzelwachstum stimulieren und bei geschicktem Einsatz während der Vegetation auch Durchwuchs verhindern. Die Mikroalgen sind Aminosäuren und mindern abiotischen Stress und wirken pflanzenstärkend. Also doch eine tolle Kombi! Hier das Datenblatt von Tercol von Compo Expert.

 

Wir haben uns aber noch weitere Gedanken gemacht, und den Zusammenhang von Kobalt und dem Drahtwurm angesehen. Kobalt fördert die Pflanzenverfügbarkeit von Selen. Und von Selen wissen wir, dass es eine Wirkung gegen den Drahtwurm hat. Hierzu haben wir uns Gedanken gemacht und das Produkt Erbers Molybdän+Kobalt angesehen. Dieser Blattdünger muss mit 0,2 l mitgespritzt werden. Am besten sehr früh in der Vegetation. Also in der Kartoffel am besten zur Herbizidspritzung dazugeben. Es wirkt dann gegen den Drahtwurm, bei den Landwirten die das Selen in die Grunddüngung mit einbauen wie ein Booster. Aber noch ein wesentlicher Vorteil kommt hinzu. Wer Molybdän in die Düngung einbaut, fördert in der Kultur „Kartoffel“ die Aufnahme von Nitratstickstoff im Boden. Die Kartoffel kann Nitrat-Stickstoff ohne den Baustein Molybdän nicht aufnehmen und umsetzten. Was als Zusatzerkenntnis aufgetaucht ist, dass die ganzen Luftstickstoffsammelnden Bakterien-Produkte wie Erber-Agro N4.0, Utrisha, Poesie, Free N 100 oder das neue NutribioN von Syngenta viel besser funktionieren, wenn wir Mo ausbringen.

 

Also fast Pflicht dies dieses Jahr mal zu testen! Aufwand von Erbers Molybdän + Kobalt liegt bei 0,2 l je ha, Kosten bei 10 Euro je ha. Also total unerheblich, wenn wir hiermit viel erreichen!

Ohne Kobalt kein Bodenleben! Und ohne Bodenleben keine natürlichen Drahtwurmgegner. Bodenleben wurde durch viele Faktoren eingeschränkt in den letzten Jahren. Viel Herbizid! Herbizid wirkt im Boden wie ein Antibiotika beim Menschen, sprich positive Bakterien gehen auch zu Grunde.

 

Ganz konkret zeigen wir Ihnen hier verschiede Varianten für Praktiker, die wir in verschiedenen Versuchen getestet haben:

 

Variante 1:

- Kalkstickstoff streuen vorm Pflanzen der Kartoffeln, bitte beachten: Kalkstickstoff hat eine Cyanamidphase von 14 Tagen! Sprich nach 14 Tagen keine Wirkung mehr! Der Wurm muss in den oberen Bodenschichten sein um Erfolg zu haben. Nicht zu früh in zu kalten Boden pflanzen!

- Selen in die Grunddüngung mit einbauen (75 kg – 100 kg CalciKorn GS + Se)

- Erber Agro Molybdän + Kobalt mit 0,2 l bei der Herbizidmaßnahme mitspritzen

- Einsatz von 4-5 l Soil Tonic je nach Sorte und Reifegrad Mitte bis Ende Juli (grüner Bestand voll aufnahmefähig)

- schnelle und zeitige Ernte sobald die Kartoffeln schalenfest sind und die Rodebedingungen passen!

 

Variante 2: (kein Kalkstickstoff wegen Parasitärer Pilzkulturen im SteriClean Soil)

 

  • SteriClean ausbringen, am besten als Furchenbeizung in Kombination mit einer Biobeize wie Solanova oder Rhizovital 42
  • Erber Agro Molybdän + Kobalt mit 0,2 l bei der Herbizidmaßnahme mitspritzen
  • Soil Tonic 6-8 Wochen vor Ernte sprich Mitte bis Ende Juli je nach Sorte mit einem Aufwand von 4-5 l ausbringen flächig bei einer Fungizidmaßnahme (mischbar mit allen zugelassenen Produkten)
  • schnelle Ernte sobald die Kartoffeln schalenfest sind und die Rodebedingungen passen!

 

Variante 3: Spintor GR im Vordergrund

  • Selen in die Grunddüngung mit einbauen (75 – 100 kg CalciKorn GS + Se)
  • Spintor GR von Corteva in die Pflanzenfurche mitausbringen! Aufwand liegt bei 12 kg je ha
  • Erber Agro Molybdän + Kobalt mit 0,2 l bei der Herbizidmaßnahme mitspritzen (10 Euro je ha Kosten)
  • Soil Tonic 6-8 Wochen vor Ernte sprich Mitte bis Ende Juli je nach Sorte mit einem Aufwand von 4-5 l ausbringen flächig bei einer Fungizidmaßnahme (mischbar mit allen zugelassenen Produkten) à Alternativ 1–2-mal zum Ende der Vegetation sprich Ende Juli oder Anfang August je nach Sorte und Reifezeitpunkt, Tercol mit 10 l je ha mit den Fungizidmaßnahmen ausbringen!
  • schnelle Ernte sobald die Kartoffeln schalenfest sind und die Rodebedingungen passen!

 

Variante 4: Anwendung von Karate 0.4 GR (alternativ genauso vorgehen und Karate 0.4 GR austauschen und SoilGuard 0.5 anwenden, gleicher Aufwand Kosten ein wenig teuerer)

  • Selen in die Grunddüngung mit einbauen (75 – 100 kg CalciKorn GS + Se) Kosten je dt. 45 Euro
  • Karate 0.4 GR von Syngenta in die Pflanzenfurche mitausbringen! Aufwand liegt bei 15 kg je ha, Kosten bei 60-65 Euro je ha.
  • Erber Agro Molybdän + Kobalt mit 0,2 l bei der Herbizidmaßnahme mitspritzen (Kosten je ha: 10 Euro)
  • Soil Tonic 6-8 Wochen vor Ernte sprich Mitte bis Ende Juli je nach Sorte mit einem Aufwand von 4-5 l ausbringen flächig bei einer Fungizidmaßnahme (mischbar mit allen zugelassenen Produkten)
  • schnelle Ernte sobald die Kartoffeln schalenfest sind und die Rodebedingungen passen!

 

Variante 5: NovaFerm Viva von Agrosolution

  • Selen in die Grunddüngung mit einbauen (75 – 100 kg CalciKorn GS + Se)
  • Das Produkt NovaFerm Viva von Agrosolution mit 10 l je ha (Kosten je ha: 110 €) vor der Pflanzung ausbringen und beim Legen in den Boden mit einarbeiten oder vorher. Positive Bodenbakterien wirken gegen den Drahtwurm. (Produkt wurde 2021 bis 2024 von uns getestet und wir hatten positive Ergebnisse) Positive Rückmeldungen sind bereits aus verschieden Regionen da, daher wollen wir dies nicht außer Acht lassen. (Kann auch mit Bodenherbizid ausgebracht werden, sollte aber kurz vor Regen angewendet werden damit die Bakterien leichter in den Boden kommen)
  • Erber Agro Molybdän + Kobalt mit 0,2 l bei der Herbizidmaßnahme mitspritzen
  • Soil Tonic 6-8 Wochen vor Ernte sprich Mitte bis Ende Juli je nach Sorte mit einem Aufwand von 4-5 l ausbringen flächig bei einer Fungizidmaßnahme (mischbar mit allen zugelassenen Produkten)
  • schnelle Ernte sobald die Kartoffeln schalenfest sind und die Rodebedingungen passen!

 

Variante 6: (NEU 2024 – sehr vielversprechend) Tercol

  • Selen in die Grunddüngung mit einbauen (75 – 100 kg CalciKorn GS + Se)
  • Tercol Mikrogranulat in die Furche mitausbringen beim Pflanzen.
  • Erber Agro Molybdän + Kobalt mit 0,2 l bei der Herbizidmaßnahme mitspritzen
  • Tercol mit einem Aufwand von 10 l (mindestens) bei der ersten Fungizidmaßnahme mitspritzen.
  • Tercol bei den letzten beiden Fungizidmaßnahmen mitspritzen um den Drahtwurm zu vergrämen und die Zeit bis zur Ernte abzusichern, wo die Kartoffeln nach der Sikkation irgendwann ohne Schutz sind.
  • schnelle Ernte sobald die Kartoffeln schalenfest sind und die Rodebedingungen passen!

 

Hier meine Ultimative Lösung für den Drahtwurm, wenn man nicht ans Geld denkt:

Variante 7: (Bei Stark-Befall Flächen)

  • Selen in die Grunddüngung mit einbauen (75 – 100 kg CalciKorn GS + Se)
  • Spintor GR von Corteva oder Karate 0.4 oder SoilGuard in die Pflanzenfurche mitausbringen!
  • Erber Agro Molybdän + Kobalt mit 0,2 l bei der Herbizidmaßnahme mitspritzen
  • Tercol mit 10 l Aufwand bei der 2. Fungizidmaßnahme mitausbringen
  • Soil Tonic 6-8 Wochen vor Ernte sprich Mitte bis Ende Juli je nach Sorte mit einem Aufwand von 4-5 l ausbringen flächig bei einer Fungizidmaßnahme (mischbar mit allen zugelassenen Produkten à Bestand muss noch grün und vital sein
  • schnelle Ernte sobald die Kartoffeln schalenfest sind und die Rodebedingungen passen!

 

Meine Empfehlung:

 

  • Testet unbedingt diesen Blattdünger Molybdän plus Kobalt! Kobalt ist langfristig angelegt und kostet fast nix.
  • Testet auch mal das Produkt Tercol, wenn es auch nur auf einer Fläche ist, hier müssen wir Erfahrung sammeln. Gott weiß wie lange wir noch Granulate haben!

 

Warum Baukästen. Die Produkte Kalkstickstoff, Karate 0.4 GR, SoilGuard 0.5 und Spintor GR zeigen eine Wirkung gegen die erste Drahtwurm-Welle. Sprich gegen die ersten Drahtwürmer die im Frühjahr hochkommen. Kalkstickstoff hat nach der Ausbringung ca. 14 Tage Wirkung, Karate 0.4 hat eine Wirkung von ca. 6 Wochen und Spintor GR bis Anfang Juni, mit Glück.

Um gerade im Kartoffelanbau gegen den späteren Drahtwurm etwas zu tun, nutzen wir Steri Clean Soil, da sich diese Parasitären Pilzkulturen erst im Boden vermehren müssen und natürliche Antagonisten gegen den Drahtwurm darstellen. Auch das Produkt NovaFerm Viva sollte für „hinten raus“ helfen.

Düngung mit Selen bringt Vorteile zum einen haben wir in langjähriger Erfahrung festgestellt das wir den Befall mit Drahtwurm um 3-4 % absenken können und zum anderen hilft Selen um Nährstoffe zu mobilisieren, ist gut für die Zellwandstabiliät, senkt also die Beschädigungsempfindlichkeit bei der Ernte und lässt die Knollen in der Lagerung länger fest sein.

 

Kobalt mitausbringen hat nach Erfahrungen von einem unserer besten Anbauer, sehr gute Erfolge gehabt. Die Kombi aus Molybdän und Kobalt ist sehr Interessant und auch kostenmäßig überschaubar.

 

Ein weiterer Ansatz aus Italien ist, dass wir im Bereich der Zwischenfrüchte mit Sudangras arbeiten. Hier gibt es aus der Pfalz und aus Italien positive Rückmeldungen. Ein Versuch diesbezüglich haben wir in Bayern angelegt und auch dazu halten wir euch auf dem Laufenden.

 

Soil Tonic ist ein Produkt das den Drahtwurm vertreibt. Sprich das Ausbringen von Soil Tonic bringt Zeit! Eine Wirkung wird erzielt bei mindestens Einsatz von 2,5 l je ha. Die Erfahrungen zeigen jeder Liter Soil Tonic bringt ca. eine Woche vertreibende Wirkung gegen den Drahtwurm. Sprich es hilft uns die Zeit von der Abreife bis zur Ernte zu überbrücken. 4 – 5 l je ha ist die Empfehlung!

Dies sind alles Empfehlungen die von uns selbst getestet wurden! Bzw. aktuell getestet werden. Die Erfahrungen geben wir gerne an Sie weiter!

 

Beitrag von Johannes Seemeier